Samstag, 15. Juni 2013

Trioplan - Altglas, Bokehwunder, Spinnerobjektiv, Kreativgarant, Modeerscheinung....?


Wahrscheinlich von allem etwas und wie so oft liegt die "Wahrheit" natürlich im Auge des Betrachters und ist auch Veränderungen unterworfen.
Richtig heißt das Objektiv ja Meyer Görlitz Trioplan 2.8/100mm, auch wenn der hippe User von heute das ganz salopp als "Trio" bezeichnet.
Die technischen Merkmale des Trioplan sowie vieler anderer Meyer Görlitz Objektive kann man sehr schön hier nachlesen: Meyer-Objektivprogramm Eine Seite für die es lohnt sich ein wenig Zeit zu nehmen, ich zumindest finde die sehr interessant.
Aber nun zum Trioplan.
Um das Technische soll es dabei weniger gehen, sondern vielmehr um die Bildergebnisse die möglich sind. Vor einigen Jahren noch ein Insidertipp, ist dieses Objektiv, welches in den meisten Fällen vom Alter her der Vater oder Großvater der heutigen Anwender sein könnte, mittlerweile zu einer sehr begehrten Optik geworden. Die Preise haben sich mittlerweile im Gegensatz zu vor ein paar Jahren extrem gesteigert, ja, zum Teil verzehnfacht und man kann es wohl mittlerweile als kleine Wertanlage betrachten.
Aber woran liegt das? Ist das nur ein Hype, eine Modeerscheinung oder was steckt dahinter.
Weshalb legen gestandene Fotografen ihre hochmodernen Optiken zur Seite und schrauben sich ein olles "Aluminiumding" an ihre hochwertigen DSLR? Ein Objektiv welches nur manuell fokussieren kann, abhängig vom Kamerasystem und Modell manchmal auch nur manuell belichten kann, welches auch abhängig von der Kamera manchmal flau, kontrastarm und fehlfarben abbildet und bei dem die Schärfe nicht unbedingt als optimal zu bezeichnen ist.
Ein Objektiv welches so einiges an "Fehlern" abbildet. Runde Reflexe mit Rändern die wie Flaschenböden aussehen, verwaschene und manchmal auch etwas verzerrte Strukturen.

Aber genau diese "Objektivfehler" sind für viele der Reiz dieses Objektives. Diese "Kringel" sind ein ganz typisches Merkmal der Trioplanbilder.

In bestimmten Lichtsituationen und wenn der Hintergrund "passt" hat man dann ganz viele solche Kringel auf dem Bild.
Ob man die nun mag, oder nicht, das muss jeder für sich entscheiden, aber solche Reflexe können ein Bild auch schnell überladen und zu aufdringlich wirken. Man muss wohl irgendwie darauf stehen. ;-)
Wie bei vielen derartigen "Effekten" nutzt sich das natürlich auch mit der Zeit ab und während vor einiger Zeit ein solches Bild noch für den "Wow"effekt sorgte, ist es mittlerweile auch schon manchmal zu langweilig.
Für mich ist es sehr wichtig, dass nicht die Reflexe "das Motiv" sind, das reicht mir nicht. Eine gute Bildgestaltung und vor allem ein passendes Motiv dazu sind für mich Grundvoraussetzung für ein schickes Trioplanbild. Nur mit ein paar "Flaschenböden" kann ich mich nicht anfreunden.

Aber mit dem Trioplan kann man viel mehr machen als nur wildes Gekringel. Man kann damit auch scharf fotografieren und die Reflexe gezielt in die Bildgestaltung einbinden. Eine für mich sehr reizvolle Art der "Trioplanfotografie".



©www.inesmondon.de
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Außerdem lassen sich die Reflexe und Kringel auch sehr dezent einsetzen, so, dass an ein sehr schönes Bokeh hat welches aber nicht so aufdringlich und dominat wirkt.

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Mit der Zeit erkennt man auch geeignete Motiv- und Lichtsituationen und manchmal ist der Blick durch den Sucher wie ein Blick in eine Zauberwelt aus Licht. Insbesondere in den Tagesrandzeiten wenn das Licht eh gut ist, und insbesondere auch in Verbindung mit Wasser (Regen, Tau) und ein paar Strukturen lassen sich mit dem Trioplan Bilder machen die schon einen ganz eigenen Zauber haben und auch auf ihre Art "besonders" sind.


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Gegenlicht ist ein Freund des Trioplan und je mehr Strukturen im Hintergrund umso mehr an Bokeh wird man erhalten. Manchmal passen für mich auch die typischen Reflexe richtig gut um aus einem eher unspektakulären und vielleicht auch eher langweiligen Motiv mit dem passenden Licht, aus der passenden Perspektive und ein wenig Raffinesse ein wirkungsvolles Bild zu machen.

©www.inesmondon.de
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Genauso gut kann man out of Focus damit arbeiten und sich da die Eigenschaften zu Nutze machen.


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Und dann gibt es noch die Bilder denen sieht man das nicht auf Anhieb an, dass sie mit einem Trioplan aufgenommen wurden. Solche die von den weichen Übergängen leben und die Vorzüge des Bokehs richtig nutzen und dadurch sehr malerisch wirken, aber gleichzeitig eine gute (selektive) Schärfe aufweisen.


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Letztere sind mir eigentlich die liebsten.


Inwieweit man die einzelnen Komponenten mag ist natürlich unterschiedlich, aber zumindest für mich sollte kein Foto "von einem Effekt" allein leben. Aufgrund der großen Popularität dieses Objektives gibt es mittlerweile in vielen Foren und Fotocommunitys schon eine regelrechte Schwemme von Bildern. Und darunter sind auch ganz viele welche ich ganz schrecklich finde. Bilder die entweder nur von ein paar Kringeln leben sollen, oder solche die zwar die ganzen Schwächen des Objektives zeigen, aber nirgends von den Stärken profitieren. Deshalb rate ich auch immer jeden der mich fragt genau zu diffenrenzieren ob sich eine Motivsituation tatsächlich für eine Fotografie mit dem Trioplan eignet. 
In vielen Fällen lohnt es für meine Begriffe nicht auf die Qualitätseigenschaften und die Haptik eines modernen Objektives zu verzichten um dann am Ende ein Bild zu haben was deutliche Schwächen aufweist, aber in keinem Pixel das "Besondere" eines Trioplanbildes beinhaltet.

Soll heißen, ein Bild ist ja nicht deshalb cool weil es mit einem uralten Objektiv gemacht wurde. Diejenigen die sich ernshaft mit der Fotografie auseinander setzen, werden das Trioplan genauso differenziert und wirkungsvoll einsetzen wie jedes andere Objektiv auch. Und auch erfolgreich damit sein.
Einen Kreativschub erwirbt man sich auch mit einem 500 Euro (oder teureren) Trioplan nicht und die Fraktion die sich für besonders cool hält (ich bin so trendy, ich habe mein Trio dabei....) wird rasch merken, dass es eben nicht ein Garant für tolle Fotos ist.

Fazit! Wenn man dieser Linse nicht völlig ablehnend gegenüber steht, ist das Trioplan durchaus ein "must have" welches zielgerichtet eingesetzt starke Bilder machen kann und mit dem es auch Spaß macht zu arbeiten.
Die derzeitigen Preise die zum Teil deutlich über 500 Euro liegen ist es meiner Ansicht nach aber nicht wert. 
Wer über Alternativen nachdenkt kann sich hier ein paar Anregungen holen. Mark Ford beschreibt in einem äußerst interessanten Artikel einige andere "antike" Objektive welche zum Teil deutlich günstiger zu haben sind. Viele Bilder und einige technische Erläuterungen zeigen Alternativen auf.

Ines









1 Kommentar:

  1. Hallo Ines einen sehr interessanten Beitrag mit wunderbare Bilder.
    Fotografie kann durchaus auch kreativ sein, da eignet sich diese Linse perfekt.
    Ich habe vor einen Trioplan Objektiv zu kaufen...
    doch es ist hier in der Schweiz nicht ganz so einfach. Vielleicht habe ich im ebay
    oder an eine Börse Glück. ;-) Danke, LG aus dem Engadin, renzo

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